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  4. Boris Palmer: „Retten Menschen, die in halbem Jahr sowieso tot wären“

Deutschland Boris Palmer

„Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“

Boris Palmer provoziert mit Äußerungen zu Corona-Beschränkungen

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer meint, dass die Corona-Beschränkungen vor allem Menschen helfen, die ohnehin bald sterben. Er provoziert mit seinen Äußerungen im Sat1-Frühstücksfernsehen eine Welle der Entrüstung.

Quelle: WELT

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Der Grünen-Politiker Boris Palmer kritisiert die Corona-Regeln: „Wir wissen, die meisten Menschen über 80 sterben irgendwann.“ Doch auch Armut töte. Dafür erntete der Tübinger Oberbürgermeister heftige Kritik - und entschuldigt sich nun für seine Wortwahl.

Angesichts heftiger Empörung über Äußerungen zum Umgang mit Corona-Patienten hat sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer für seine Wortwahl entschuldigt. „Niemals würde ich älteren oder kranken Menschen das Recht zu leben absprechen“, erklärte der Grünen-Politiker am Dienstagabend gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Falls er sich „da missverständlich oder forsch ausgedrückt“ habe, tue es ihm leid.

Im Sat.1-Frühstücksfernsehen hatte Palmer zuvor erneut eine Lockerung der Corona-Auflagen gefordert und dabei drastische Worte gewählt: „Ich sag es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, sagte er. Es müsse unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für Junge und Ältere geben.

Der Armutsschock, der aus der weltweiten Zerstörung der Wirtschaft entstehe, bringe nach Einschätzung der Vereinten Nationen hingegen Millionen Kinder ums Leben.

„Wenn Sie die Todeszahlen durch Corona anschauen, dann ist es bei vielen so, dass viele Menschen über 80 sterben – und wir wissen, über 80 sterben die meisten irgendwann“, sagte Palmer.

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Einige Kritiker nannten seine Äußerungen „menschenverachtend“. Der Grünen-Politiker schüre Ängste von Millionen alter Menschen, sagte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Gegenwind bekam Palmer auch aus der eigenen Partei. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, etwa sagte der Funke Mediengruppe: „Unsere Verfassung ist eindeutig: Menschenwürde heißt auch, dass die Gesundheit jedes Menschen geschützt wird. Egal, wie alt wir sind.“

„Nicht nur über das Ziel hinausgeschossen, sondern erheblich entgleist“

Der baden-württembergische FDP-Vorsitzende Michael Theurer erklärte: „Ich rate Boris Palmer dringend, sich zu entschuldigen und diese Äußerung zurückzunehmen. Er ist nicht nur wie sonst manchmal über das Ziel hinausgeschossen, sondern erheblich entgleist.“

Der Generalsekretär der Landes-CDU, Manuel Hagel, sagte, der Grünen-Politiker hetze Generationen gegeneinader auf. Dessen Aussagen strotzten vor Verachtung für die Älteren in der Gesellschaft. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Winfried Mack, teilte mit: „Für uns Christdemokraten ist eine solche Politik völlig inakzeptabel. Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt – und zwar jeder Mensch. Wir wissen nicht, wie lange ein Mensch noch lebt.“

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn bezeichnete Palmers Position auf Twitter als „sozialdarwinistisch“. Palmer beteilige sich mit seinen kalkulierten Ausrutschern und inszenierten Tabubrüchen an einer Polarisierung und Brutalisierung der öffentlichen Debatte, distanzierte sich das Vorsitzenden-Duo der Landes-Grünen, Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand.

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Palmer erklärte am Abend: „Ich habe darauf hingewiesen, dass die Methode unseres Schutzes so schwere Wirtschaftsschäden auslöst, dass deswegen viele Kinder sterben müssen. Das will ich nicht hinnehmen und fordere einen besseren Schutz unsere Risikogruppen ohne diese Nebenwirkungen.“

Gegenüber der F.A.Z. hatte Palmer zuvor noch gesagt, er habe nur „Fakten der Vereinten Nationen und einen Zielkonflikt“ beschrieben. Und weiter: „Ich weiß nicht, wie ich mich für Fakten entschuldigen könnte.“

„Die Anzahl der neu übermittelten Todesfälle ist weiterhin hoch“

Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, hat die aktuellen Zahlen zur Corona-Pandemie präsentiert – und mahnt weiterhin zur Vorsicht. Die Pressekonferenz zur aktuellen Lage sehen Sie hier in voller Länge.

Quelle: WELT

AFP/coh/tpf

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